Burning alive
“I had a monumental idea this morning, but I didn’t like it.”
– Samuel Goldwyn
Leipzig Triathlon. My first try on Olympic Distance. Hot, hotter, hottest. Report available in German.
Manu hat mir bereits ein angemessen schlechtes Gewissen für den Umstand bereitet, dass ich mich nicht auf die Heimstrecke getraut und stattdessen hier offensichtlich das Luschiprogramm für meinen ersten Versuch auf der Olympischen Distanz gewählt habe. Leipzig – wo sie extra vorm Wettkampf nochmal mit dem Bügeleisen über die Strecke gehen, um den letzten Höhenmeter rauszuplätten. Naja. Die Tageslosung heißt hier erstmal nur überleben, zumal der Wetterdienst Sonnenschein und 37°C orakelt hat. Aber laut Wettkampfordnung ist ja krabbeln auf der Laufstrecke ausdrücklich erlaubt (Mindestalter für Teilnehmer: 7 Jahre), und “DNF gibt es nicht (außer bei Tod oder ähnlichem)” (schrob Herr Ketterechts). Positiv denken: es ist wie der Sprint, nur zweimal – doppelt soviel Spaß! Juhu!
In Leipzig gibt’s motivierende Begrüßung durch die Taucherfreunde: “Was, machst du etwa auch bei dem Schwachsinn mit?” Tihi. Die Wechselzone ist für schlanke Menschen konzipiert; obwohl ich wirklich nicht viel Platz einnehme, schafft es mein Nachbar trotzdem, sein Rad auf meinen Schuhen abzustellen. Wenig später stelle ich aber fest, dass ich dank meiner günstigen Platzierung nur ca. 2m mit dem Rad durch die engen Gassen muss – ich bin ein kleiner Glückspilz! Außerdem hat mir die Zauberfee anscheinend meinen Wunsch erfüllt: es regnet. Das Rennen kann kommen!
Am Roten Haus gibt’s Wasserstart (“Leipzig ist wie Hawaii!”) und erfreulicherweise Neoprenverbot (25°C im See), die Traube aus Menschen mit gelben Kappen, die sich ins Wasser wühlen, sieht wunderhübsch aus. Ich versuche, mich eher halbhinten einzusortieren, aber da das wohl alle planen, funktioniert’s nicht so richtig und ich starte doch vorn. Und es läuft. Der Plan war, bei der Hitze möglichst viel Zeit im Wasser zu verbringen, also kraule ich absolutes Wohlfühltempo. Dank riesiger Bojen und der brandneuen Tyr-Rakete im Gesicht (wer hätte das gedacht: es gibt Schwimmbrillen, durch die man was sieht!) ist meine Orientierung prima und zu meiner Überraschung stelle ich in der ersten Kurve fest, dass ich trotz meines entspannten Tempos noch im guten Mittelfeld rumplantsche. Noch vor der Hälfte hab ich die erste rote Kappe eingeholt; für jede weitere geb ich mir ein gedankliches Bienchen. Hahaha!
Nach dem Schwimmausstieg geht’s den Hügel neben der Tauchbasis rauf. Den hatte ich gefürchtet. Aber zu unrecht, denn ich bin ja frisch und erholt – also hüpfe ich gefühlt gazellengleich an ein paar trägen alten Herren vorbei den Hang hoch zum Wechselplatz. Dort das oben schon erwähnte Chaos. Aber an meinem tollen Platz gibt’s auch noch einen im Weg rumstehenden Baum, an den man sich wunderbar zum Schuhanziehen anlehnen kann. Halben Riegel rein, trinken, wir haben ja Zeit.
Schließlich die Radstrecke. 4 Runden, gefühlte 0,5 Höhenmeter. Immerhin der Wind gibt sich Mühe, das ganze etwas abwechslungsreicher zu gestalten. Auf der Rippachtalstraße haben wir ihn im Gesicht. Hübsch und erfrischend. 3 Runden fahr ich mit einem Stahlross um die Wette, mit Gepäckträger und Lowrider. Der Herr macht trotzdem (mein) Tempo. Und an der Strecke kann man regelmäßig Leuten mit Pannen mitleidig zuwinken und sich an den Anwohnern freuen, die bei Kartoffelsalat und Grillgut Krach machend in ihrem Vorgarten sitzen. In Runde 3 setzt dann wieder leichter Regen ein – hurra! Danach ist die Flasche leer, Plan übererfüllt. Auf der letzten Runde nehme ich mir vor, Tempo rauszunehmen, und frage mich Sekunden später, warum ich dann erstens schon wieder Unterlenker fahre und zweitens immer noch Leute überhole. Ich zwinge mich zur Ruhe und werde prompt wieder von einem dieser Mini-Pelotons überrollt, die anscheinend noch nie vom Windschattenverbot gehört haben. Vorbildlich lasse ich mich zurückfallen und stelle erfreut fest, dass sich direkt hinter mir das Wettkampfrichter-Motorrad befand, das mich in diesem Moment überholt und der Horde einen Satz Verwarnungen verteilt. Muahahaha! Die glücksbringende Zauberfee ist heut wirklich sehr auf meiner Seite.
Runter vom Rad, auch der zweite Wechsel läuft betont ruhig, die zweite Flasche muss noch geext werden, ich möchte ungern verdursten. Dann auf zum Lauf. Der ebenfalls läuft. Hier seh ich erstmals meine aktuelle Zeit, und sie ist erstaunlich gut. Und gleich danach werd ich noch überraschend mit einem euphorischen “Jujaaaaa!” in Stimmung gebrüllt. Ich bewege mich gefühlt locker. Zwar werde ich öfters überholt, aber das ist mir grad sowas von egal, solang ich mich noch so gut fühle. Und die Strecke ist auch viel schöner als erwartet: es geht am See entlang und durch ein Wäldchen, und der Morgenregen hat den Weg ordentlich aufgeweicht. Matschpfützen! Juhu! Dank der Konditionierung durch Anja und Matthias kann ich’s mir nicht verkneifen, immer mal mit Anlauf in eine reinzuspringen. Wenn ich schon nicht gewinn, mach ich wenigstens meine Gegner dreckig! Die haben irgendwie nicht den gleichen infantilen Sinn für Humor wie ich und gucken komisch. Muss wohl so sein – irgendwo an der Laufstrecke werd ich angefeuert mit “Juhu, du bist die einzige die noch lächelt!” Das gelingt besonders leicht in den Kleingärten, wo in kurzer Folge drei Gartenschlauchduschen bereitgestellt werden. Herrlich. Und selbst die zweite Runde kann ich noch halbwegs entspannt angehen. Es gibt vermehrt Geher zu sehen. Ich lauf noch. Ja Wahnsinn. Langsam glaub ich selber, dass ich voll super bin.
Wenige Meter vorm Ziel reißt die Blase an der Ferse auf und schmerzt, aber das ist mir dann auch schon egal, denn die Uhr zeigt eine Zeit jenseits meiner kühnsten Träume an. Und so schwebe ich mit ausgesucht grazilem Vorfußhumpeln ins Ziel, lass mich high-fiven und beglückwünschen und kehre bald zum Badesee zurück, wo mir schließlich sogar noch Reini (“Bevor du fragst: NEIN!”) die ultimative Siegprämie in Form eines Eiskaktus überreicht (“Die liegen hier seit den 90ern, die müssen weg”). Was für ein schöner Tag!
… und was für ein schöner Eintrag, herrlich erfrischend geschrieben! Schön, wenn man bei so einer Aktion noch mit viel Ungezwungenheit und Freude dabei sein kann! Achso, und natürlich Glückwunsch zum erfolgreichen Abschneiden! :-)