Any day could be the last nice day for a long time.

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Mood.

Bild von 2016.
Und ich werde es regelmäßig immer wieder posten, bis sich endlich was ändert oder die Apokalypse da ist (je nachdem, was eher passiert).

Fade and disappear into the white

Felsen, dazwischen ein blauer Bergsee mit Schnee am Rand, darin eine kleine Schwimmerin

“Wenn man sehr klein ist, muss man den großen Mächten der Natur gegenüber eben ganz besonders höflich sein.” – Tove Jansson, “Der Tannenbaum”

Here am I sitting in a tin can

Campkatze auf Simme

Wie bin ich da eigentlich reingeraten? Nach jahrelanger Pause (ok, nicht ganz so lang, von der 2019er Breslau gibt’s hier keinen Bericht) fragte Anja überraschend, ob ich nicht mal wieder Bock auf Beifahren hätte, ich hab spontan Ja gesagt und da kannste dann halt auch nicht mehr Nein sagen, also stand der Plan, bei Sommerhitze nach Polen zu fahren und dort ne Woche lang mit unbelüftetem Helm, Staubmaske und langer Hose in einem brennenden Blechkübel zu hocken, der voraussichtlich mehrere Sumpflöcher durchqueren soll, und meine Expertise beschränkt sich übrigens auf Fahrradschrauben, von Autos hab ich keine Ahnung. What could go wrong? (Dass ein zu langer Bericht entsteht. Das ja. tl;dr: 5 Sternchen, gerne wieder, vielen Dank ans beste aller Teams.)

Freitag. Nachdem uns Anjas Familie überraschend noch ein fürstliches Abschiedsfrühstück gemacht hat, brechen wir gegen Mittag aus Chemnitz auf nach Polen, bei drückendem Gewitterklima, in einem Auto ohne Klimaanlage. Draußen ist es genauso heiß wie drin, für den Abend Sturmwarnung, die sich dann aber in bisschen Regen und ansonsten Wohlgefallen auflöst, sodass wir den ersten Campabend in Ruhe mit Biertrinken, Grillen und Basteln verbringen (Hias muss last minute ein Ventil nachrüsten, das direkt beim Einbau durchbricht, aber sie kriegen’s irgendwie doch noch hin).

Besichtigung eines besonders hübschen grauen VW Iltis

Samstag. Orgatag: Camp fertig gebaut, angemeldet, Auto bestickert, noch schnell den kaputten Blinker vom Rover repariert, dann zur technischen Abnahme: und dann winken die uns einfach durch und wollen weder das beschissene Ventil vom Suzuki noch unsere gut funktionierenden Blinker besichtigen, weil wir ja “Spezialkunden” sind, der ganze Stress umsonst? Weitere Basteleien: die Servicejungs tauschen aus Gründen das Getriebelager und Marco bringt unseren renitenten Tripmaster dazu, wieder Strecke zu zählen, die wasserdichte Wertsachendose wird in die Konsole eingepasst, Trinkblasen hinter die Sitze gebaut, dann “ready to race” deklariert. 2h später bittet Anja, nochmal kurz n Blick auf den schleichenden Platten vorne rechts zu werfen, und offenbar wurde das Rad bis hierhin vom Dreck zusammengehalten, nach Entferung aller Fremdkörper haben wir einen echten Platten. Naja, wir haben ja Freizeit. Nachmittags dann noch ne Sightseeingrunde durchs Camp, wir finden den VW Iltis, der unser einziger Gegner in der Extreme-Legend-Phantasieklasse ist, supernette Menschen. Abends wird gekocht auf dem Waschtrommellagerfeuer, dagegen kann die offizielle Eröffnungsparty leider nur abstinken, aber auch gut, komm ich zeitig ins Bett.

Sonntag. Ein Hoch auf Olli, der uns morgens zuverlässig Kaffee bereitstellt, denn das Rallyecatering schafft das mal nicht. Auf der Grundlage halt ich dann auch die unnötig langatmige erste Fahrerbesprechung durch (“I vill keep sis very short”, jaja), dann gibt’s für alle das IRIS-Gerät, das diesjahr in allen Fahrzeugen mitreisen muss, und eine längliche Schulung zu dessen Software, die mir so bisschen unausgereift vorkommt, bei 30°C im Festzelt. Fühlt sich an wie Arbeit, warum musste ich hierfür Urlaub nehmen?

Rova startet auf breite Sandpiste: 'So da lang?'

Komplett sediert von der Hitze bis zum Start des Prologs gegen sechs, und der läuft dann richtig schlecht. Tripmaster zählt wieder, aber Phantasiewerte, also Navigation per Iris. Am dritten Roadbookbild sollte ein Kurs querfeldein gefahren werden, die Spur führt sehr offensichtlich über die Sandpiste, aber inne falsche Richtung, und eh wir uns einig sind, dass das kompletter Unfug ist, haben wir schon die erste Runde gedreht. Noch ein Versuch, im Wald erzählen uns Passanten, dass wir total richtig seien, weil ja hier auch alle anderen waren, aber aus dem OL weiß ich ja, dass derlei Auskünfte eher ungenau sein dürften. Also zurück auf Start, aber leider krieg ich die Wegpunktprojektion auf dem nie benutzten GPS nicht mehr hin, also hardcore OL jetzt, Kompasslauf im Auto (die Iris zeigt auch den Kurs an, aber querfeldein ist halt querfeldein und geht nicht immer gradeaus), und zusammen mit der Aussage von Telefonjoker Hias, in der richtigen Einfahrt liege ein Baum, finden wir dann endlich den Modder.

Vor uns hat sich der Dood-Rover festgefahren und sein Windenseil zerrissen, dauert also bisschen, wir gucken erstmal und lassen einem nachkommenden Truck höflich den Vortritt, der daraufhin anbietet, uns einfach hinter sich durchzuzerren. Das Angebot nehmen wir natürlich an, auch wenn uns grad was die Stoßstange zerdengelt hat, weshalb die Heckklappe noch gradso aufging, aber nun nicht mehr zu geht, wir also mit offener Klappe durch den Schlamm schwimmen, was uns den Kommentar “Die Mädels!” einbringt, das geflügelte Wort der Woche.

Anja bearbeitet die Stoßstange mit der Axt: 'Geht gleich wieder zu!'

Irgendwie isses knifflig, nach dem Schlamm wieder in die Kilometrierung reinzukommen – die Spur ist recht offensichtlich und paar Kilometer kann ich mir einreden, dass es schon passt, aber dann stehen wir an einer Kreuzung, die überhaupt keinen Sinn mehr ergibt, drehen drei Runden, fahren zurück, und irgendwann hab ich einfach überhaupt keinen Plan mehr, wo zur Hölle wir im Roadbook grad sind oder sein sollten, Totalausfall. Dank Telefonjoker André hangeln wir uns zu einem Bahnübergang, wo wir wieder reinkommen und endlich heimfahren können, aber ich hab massiv schlechte Laune, ich hab’s verkackt (aber als Superteam kompensieren wir beide perfekt die Tiefs der Anderen, jetzt ist also mal Anja der optimistische Sonnenschein).

Montag. Eh keine Zeit für Laune, heute gleich früh Start zur ersten Stage (1h verzögert durch technisches Geschiss mit der Iris). Am ersten steilen Sandhang brauchen wir die Winde, kommen halb rauf, dann ist der Blechkübel zu heiß und stirbt. “Aber aus navigatorischer Sicht ist alles toppi, ich weiß genau wo wir sind!” (Ich kann viel besser damit umgehen, dass es wegen technischer Probleme nicht läuft, als wegen meiner eigenen Blödheit.)

Rova hängt am Steilhang

Anja ruft Telefonjoker André an (Anja hat André mit Energydrink bestochen und plant nun, einen Podcast aus den ständigen Hilferuftelefonaten zu machen), Problemlösungen werden diskutiert, die optimistischste wäre, dass der Blechkübel einfach nur ne Weile kühlen muss, also warten wir halt. Indessen kommt der Iltisopi vorbei und beguckt sich unsere Lage: “Kann ich helfen, was machter denn, lass doch nochmal an” – und da brummt er wieder, geheilt durch Hand auflegen, eventuell ist der Iltisopi der Dalai Lama in Flecktarnoverall. Wir fahren rückwärts den Steilhang wieder runter, die flachere LKW-Umfahrung ist unser nächster Plan, aber gleich krepiert der Motor schon wieder. Ich freunde mich derweil mit dem Unimog an, der in der steilen Spur daneben wincht, vielleicht krieg ich die rum, uns zu helfen, aber erstmal darf ich denen helfen, denn der Beifahrer ist noch mehr Noob als ich, da freut sich der Fahrer, da hat er zwei davon. Dann will er uns tatsächlich hochziehen, Motor läuft wieder (abgekühlt), Edi und Marco sind angereist zum Helfen und bringen Ersatzbatterie (schien fast leer, aber evtl. nur Anzeigeproblem?) und Starthilfekabel mit, aber geht dann so, wir kommen hoch. Kühlung natürlich immer noch scheiße, der ganze Karren viel zu heiß, wir fahren in Spaziertempo mit Heizung voll auf hinter dem Unimog die Stage zu Ende. Das Schlammloch am Schluss haben wir gleich umfahren, wir wollen nur noch ankommen, dann 500m vorm Ziel noch n Platten, meine Fresse, na immerhin ein lösbares Problem.

Kiefernzapfenjonglage und Picknick neben Rova am Rand der Sandpiste

Ziel, Camp, alles mal besichtigt und gereinigt, wird schon gehen? Also los zur SS2, 7km weiche Sandpiste, dann krepiert der Motor wieder, also Picknick und warten, dass er abkühlt und wieder anspringt, dann schnell raus aus der Sandpiste und zurück ins Camp, wo wohl mal größerer Service an der Kühlung nötig ist. Zum Abendessen nehmen ne halbe Stunde lang fünf dicke Orgamänner mit je einem Teller Nudeln die ganzen Irisse entgegen und spielen binnen 3-5min pro Stück manuell ein Update auf, was fürn Scheiß. Dann treffen wir die Iltiscrew wieder, werden bemitleidet, ich äußere mein Ziel, diese Woche wenigstens eine Stage im Zeitlimit zu finishen, Opi sagt “ach das dumme Zeitlimit immer, macht euch deshalb nicht fertig, früher gabs sowas auch nicht.” Später häufen sich Anjas Drohungen, mich im Wald auszusetzen – “Aber dafür lieb ich den Blecheimer, du kannst mich im Wald stehenlassen, 10km später bleibste eh liegen und das kann ich gut laufen.”

Dienstag. Sedierter Vormittag, Start heute erst um drei. Leider hab ich seit dem Frühstück nur so rumgesnackt, jetzt bin ich hart unkonzentriert und hungrig in der Stage und muss mich voll zusammenreißen, keinen Scheiß zu bauen (klappt aber). Blechkübel heute: Kühlung geht super, aber nach 34km SS1 tropft zunehmend sauheiße Flüssigkeit aus einer der offenen Kühlungsleitungen über mir, Telefonjoker André sagt “egal” (drangekabelbindertes Tempo fängt es auf und kühlt vorm Runtertropfen genug, dass ich mich nicht verbrühe). 20km später stirbt mitten in einer engen Kurve der Motor, springt aber zum Glück nach paar Minuten Abkühlen wieder an (ist der Rover, alle sagen nur verständnisvoll “das macht er halt manchmal”).

Rova stehend in enger Kurve

Wieder viel trockene Sandpisten; als ich grad vorsichtig denke, vielleicht könnten wir ja heute mal ankommen, macht’s KLONK bockbockbock, wir fahren an die Seite und sammeln hundert Meter hinter uns die halbe Kardanwelle ein, die da noch liegt. Um das lose Ende rauszuschrauben, muss der Karren erstmal kühlen, also wieder mal Picknick, dann Schrauberei, die bei uns beiden deutlich weniger smooth aussieht als beim Serviceteam, aber wir kriegen’s hin und langsam weiß ich auch, wo im Auto welche Werkzeuge und Utensilien liegen und tauge zur OP-Hilfe. Dann langsam raus auf 2WD nach Google Satellitenbild auf die nächste Rumpelstraße und zum Camp, kurz nach neun da, grad noch rechtzeitig für die nächste sinnlose Fahrerbesprechung, die alten Herren gucken mein saudreckiges Gesicht blöde an, was haben die denn heute gemacht, Wellness?! Vielleicht ja schon, einer rasiert sich ohne Scheiß in der Dusche das Brusthaar. Danach Kitabastelstunde, das Mittwochsroadbook wird ein Kunstwerk in Papier, Marker und Panzertape, Anja und der Service haben derweil fleißig am Auto gebastelt, sollte morgen wieder startklar sein.

Anja: 'Das ist doch mal n gutes Problem, da leg ich mich unters Auto und seh direkt den Schaden.' - Ich: 'Er liegt da hinten.' (halbe Kardanwelle liegt einsam auf der Sandpiste)

Mittwoch. Überführungstag. Völlig fertig nach 5h Schlaf, früh schon absurd heiß, beim Campabbau arbeiten alle bis kurz vor Hitzschlag und hängen dann kaputt im Minischatten von Ollis Womo. Zum Start sind wir beide eigentlich komplett unfähig zur vor uns liegenden Aufgabe: 130km sind ja schon mehr, als unser Auto in den letzten Tagen je am Stück geschafft hat, aber heute geht’s ok, einmal stirbt inner Kurve der Motor (“macht er halt manchmal”), aber geht wenig später doch wieder an, und ansonsten gibt’s nur fahrbare Waldwege und bisschen fahrbaren Crosscountrymatsch. Aus lauter Langeweile spielen wir “ich packe meinen Koffer” mit allem auf der Strecke rumliegenden Zeug (Zyklon, Feuerlöscher, Warnweste, undefiniertes Objekt, T-Shirt…) und vermuten, der Veranstalter fährt die Strecke dann nochmal ab und sammelt alles ein für die Abschlusstombola.

Nach der Neutralisationszone startet leider ein Truck direkt vor uns, der keinen überholen lässt, er zieht also ne Schlange von mindestens 5 Autos hinter sich her und alle 20sek drückt jemand den Überholwunsch auf dem Geotraq, weshalb es ständig saulaut piept im Auto, aber keiner kommt vorbei und wir fressen nur ne halbe Stunde den Staub von dem Trottel. Aber Rova hat’s überlebt, yay!

Also 180km Überführung auf Achse möglich, aber uns ist immer noch sauwarm und wir sind beide saumüde, es ist enorm anstrengend. Anja: “Weißt du was ich mir jetzt wünschen würde? N Tempomat.” – “Ich dachte ja eher an n Badesee und ein Bier, aber ok, ein Tempomat.” 30min vor Startzeit am Camp Drawsko, wo 5min vor uns das Serviceteam angekommen ist. Anja muss kurz nickern, ich muss kurz kühlen und Essen inhalieren, bester Service der Welt bringt in Sekundenschnelle Pumpdusche und nassen Lappen und Apfel, Bananen, Gummitiere und Kekse und macht derweil noch flink Autocheck, ich bin bisschen überwältigt.

Rumsitzen/-liegen am Womo mit Pumpdusche und Fressboxen

Dann finden wir leider raus, dass der Start gar nicht am ersten Roadbookbild im Camp Drawsko ist, sondern der Kackstart ist die Zeit für den Beginn der Special Stage in 25km Entfernung. Mist! Sofort geladen, Gemütlichkeit fertig, wir springen ins Auto und rasen wieder los. Beginn SS2 bisschen zäh, komisch kartierte Riesenkreuzungen mit einigen Ungenauigkeiten im Lesen, wo wir teils umdrehen oder zu zweit denken müssen. Dann wirds aber, es gibt drei undramatische Wasserdurchfahrten, an der letzten latsch ich mal rein, weil Anja nicht glauben kann, dass es so easy ist (und ich ja eh baden wollte). Fahrt zum Ziel über staubig-neblige Sandpisten bei rotem Sonnenuntergang, äußerst kitschig.

Sandpisten bei rotem Sonnenuntergang

Donnerstag. Zeitig wach wegen heißer Morgensonne, argh. Pünktlich los, Navigation heute ziemlich sicher, dafür Spaß mit Matsch, wir haben paar Löcher und Wasserdurchfahrten.

Zuerst der Granatenbaum, links festgefahren aber relativ easy rausgewincht (der Iltis fliegt neben uns problemlos durch die rechte Spur durch). Dann ziemlich tiefe Sumpfmumpe in offenem Gelände mit Bergung dahinter weil sonst kein Windenpunkt vorhanden, wir gucken erstmal: ein Auto fährt über das stabiler wirkende Sumpfgras rechts, das ging zu Fuß ok aber der Karren sinkt ein und da die Festigkeit des Untergrunds da wilde variiert, kippen sie fast ihr Fahrzeug um. Dann will ein fetter Truck durchwinchen, die mit “get it dirty”-Hemden bestückte Crew läuft übern Sumpf wie die Störche, damit sie ja nix außer ihren Schuhen dreckig machen, es dauert ewig, eh sie ihr Seil drüben haben. Ich guck also mal, ob ne Spur links dran vorbei führt, versinke dabei aber binnen kurzem bis zum Hals im Matsch und schwimme zurück. Da kommt der Iltisopi, besieht sich sehr besonnen die Situation und beschließt: “Das fahrn wir nicht und ihr fahrt das auch nicht, da saufen uns nur die Autos ab.” Wenn er das sagt. (Er fragt sorgenvoll, ob ich denn trockene Wechselkleidung dabei habe. Come on.)

Juja kommt tropfend aus dem Sumpfloch

Wenig später fahren wir uns fest in einem Miniwasserloch, das Windenseil ist verfizzt und kommt nur 10m raus, wir wursteln so lange, bis sich ein überholender Truck erbarmt und uns rauszieht. Wir entwirren dann erstmal in Ruhe an nem Baum das Windenseil, dann kommt als nächstes das einfache Wasserloch vom Vortag, ist immer noch so, nur in der Ausfahrt hatte sich inzwischen jemand festgefahren, Anja bleibt auch hängen und wir winchen uns mit Hilfe der ultraniedlichen Orgakiddies raus, die auch mal das Seil halten wollten. Sumpfloch 3 wär vielleicht gegangen, aber Anja hatte Bedenken, weil wir recht viel Getriebeöl verloren hatten, also ließen wir’s aus, und in Sumpfloch 4 standen grad zwei große Trucks und zogen sich gegenseitig Richtung Mitte, demnächst kein Durchkommen, wir umfahren das also und führen’s zu Ende.

Winchen mit Orgakiddies

Im Camp Service, Abendessen, Roadbook und sinnlose Fahrerbesprechung. Kurz gedöst, aber nicht geschlafen vor der Nachtetappe, meine Wut über den Kovatchev muss mich wohl über die Strecke tragen. Kurz nach Mitternacht los, im Transfer zum Start kurz verfahren, ab Start aber ok navigiert mit nur einem schnell korrigierten Fehler, dann Wasserloch1: man hätte bergab rauschen und einfach durchfahren sollen, aber Anja ist nach dem bisherigen Tag vorsichtig und will mich erstmal gucken lassen, womit sie sich aber in der Mumpe in der Locheinfahrt festfährt und wir die Winde brauchen. Weiter zu Wasserloch2: hier dann also die Taktik “ach lass versuchen wird schon”, rein und steckengeblieben. Die Winde bringt uns weiter, aber irgendwann geht der Motor aus, wir müssen also auf Batterie winchen, die Bergung wird irgendwann ungeduldig und zieht uns vorsichtig am Windenseil raus und aus dem Weg.

Müssen wir also hoffen, dass der Motor einfach nach 5min wieder anspringt, aber diesmal nicht, Mist. Lange mit Tekefonjoker Hias rumprobiert (jetzt weiß ich auch, wozu wir immer Bremsenreiniger dabei haben – Spoiler: nicht zum Bremsen reinigen!), Problem unklar. Ich geh weitere feststeckende Autos gucken in der Wartezeit, der Iltisopi ist auch da und auffallend unentspannt, er hat sein Auto fast umgelegt in der Seitenspur, aber es fährt noch. Bei uns kommt dann die Bergung gucken und analysieren, hilft aber alles nix, wir fahren mit der Bergung heim – mit guter Aussicht, aber begleitet von der Sorge, dass es das jetzt womöglich war für den Rova.

Rova auf Bergungstruck

Viel zu spät im Camp angekommen und dort stehen unsere fünf Jungs und André schon alle bereit, um sich für uns und den Rova die Nacht um die Ohren zu schlagen, ich bin echt gerührt über den Empfang. Wir trinken Bier und entwickeln Theorien und probieren und basteln (grob: Luft im Tank und Wasser an mehreren anderen Stellen, wo es nicht hingehört), kurz nach 4 springt er endlich wieder an, es wird schon hell, juhu, wir können ins Bett. Erstmal aber duschen, ich rechne mit Ruhe, aber die ganze Dusche ist voll mit laut singenden besoffenen Polen, jetzt hab ich neue Freunde. Komplett tot ins Zelt gefallen.

Freitag. Geschlafen, bis es im Zelt zu heiß wurde, dann weiter geschlafen im Rovaschatten. Zombiemodus, zu nichts fähig. In desolatem Zustand (Anja glaub auch) um eins ins Auto gestiegen, unbedingt will ich jetzt Marathonetappe fahren! Dann wieder gleich am ersten Roadbookbild falsch abgebogen (Kilometrierung am Roadbook falsch, Bild zwar eigentlich eindeutig aber ich hab gepennt und Anja vertraute der Ansage, denn vermutlich von der Nacht ging da schon ne deutliche Spur ins Gemüse), Anja dengelt unaufmerksam voll über n dicken Baumstumpf, Weg offensichtlich falsch, wenden, fieses Geräusch, am ersten Weg mit bisschen Platz rausgefahren, Franzosenteam plus Service stehen auch schon da, wir haben einen Platten vorn links, sonst zum Glück nix dramatisches. Der Servicefranzose tauscht uns unser Rad schneller als wir gucken können, wir rufen indes Edi an, dass er uns bitte n neues Ersatzrad bringt, wir sind ja noch fast im Camp. Er kommt dann mit Marco angerumpelt, wir kriegen ein Rad und starten verspätet in die Stage. Ich muss mich enorm konzentrieren für Navigation, hab die Intelligenz einer Amöbe, zum Runterrechnen der Distanz muss ich die Finger nehmen, aber hab keinen Mist gebaut.

Im Gewitter auf der Ebene

Der Himmel zieht finster zu, bald sind wir mitten im Gewittersturm auf der Ebene, ne Stunde, nachdem sich Martin nasseres Wetter gewünscht hat. Kann der sich ma bitte auch noch Weltfrieden und bedingungsloses Grundeinkommen wünschen? Unsere experimentelle Kühlungskonstruktion verschafft uns viel Wasserdampf um die Windschutzscheibe, innen und außen, wir sehen nix, putzen andauernd, wie Panzer fahren, Schritttempo. Irgendwann hört der Regen auf, das hat die Wege schön verdichtet, kein Staub heute, aber echt tiefe Pfützen. Schon die Bachdurchfahrten lässt mich Anja alle probewaten, wir wollen uns nicht schon wieder festfahren, gehen aber alle easy. Die Sumpflöcher lassen wir aber aus, in beiden würden wir voraussichtlich das Auto bis mindestens Mitte Windschutzscheibe versenken, das machen wir lieber nicht.

Kurzes Verfahren wegen müd, es gab keine einzige richtige Spur an der Stelle, alle haben’s falsch gemacht. Ich bin immer noch ein Zombie und Iris reagiert extrem schlecht (Staub aufm Display und Dreckfinger sind nicht ideal für Touch, also nulle ich immer mal nicht, obwohl ich dachte dass doch, und alles wird noch verwirrter als eh schon. Schulungsfrage: “Is it only touch or can we use buttons?” – “You can but I don’t want you to.” – the essential Kovatchev). Nach einer Pipipause geht Anjas Tür nicht mehr zu, WD40 hilft. Dann noch eine letzte Bachdurchfahrt mit Winde, der Iltis fliegt an dieser Stelle einfach an uns vorbei, der hat’s drauf. 10km vorm Schluss tatsächlich Sprit alle (90l für 170km, nicht drüber nachdenken, environmentally friendly race!), aber wir haben das kommen sehen und n kleinen Kanister dabei. Ab ins Ziel, komplett im Arsch, mit höchster Konzentration noch den Rücktransfer navigiert, Abendessen. Keine dringlichen Bastelaufgaben heute, wir könnten also mal früh ins Bett, aber Olli baut ein Lagerfeuer und da bleiben wir halt bis zwei am Lagerfeuer, weil’s so grandios schön und gemütlich ist.

Waschtrommellagerfeuer, über uns der große Wagen, Schwedenfeuer aus alten Luftfiltern wird mit Bremsenreiniger beschleunigt

Samstag. Wundersamerweise nach 6h Schlaf wach und fit, irre. Aufbruch gegen mittag ohne Serviceteam, die sind vorgefahren an die Strecke zum Schlammloch gucken. Bis zum Schlammloch läuft’s für uns ok, im Schlammloch (Granatenbaum, vorgestern total easy) maximaler Scheiß, wir versuchen’s diesmal über rechts in der Hoffnung, das sei die bessere Spur, dann reißt uns beim Winchen das Windenseil an der Winde durch, dann versucht ein nach uns kommender Truck, uns rauszuziehen, wobei unser linker Bergepunkt rausreißt, der rechte Bergepunkt steckt n halben Meter tief im Matsch und ich muss ihn erstmal ausgraben, und hinter uns durchkachelnde Trucks schieben ständig mehr Matsch nach und dängeln uns mehrmals n rumschwimmenden Baum in die Heckklappe, ich muss also ne ganze Weile basteln, eh wieder ein Bergegurt dranhängt und ein zweiter Truck uns endlich rausziehen kann, während Anja pausenlos in den Helmfunk flucht. Unser ganzer Service hilft mit, ich find es grad unendlich tröstlich und motivierend, diese vier Gesichter zu sehen. Marco spleißt uns noch schnell den Rest vom Windenseil wieder zusammen, dann flinker Aufbruch zur Restetappe, das war dann ok CC (die eine Bachdurchfahrt mit Festfahrpotential ist uns gelungen, weil da zum Glück schon ein Lada feststeckt und uns winkt, ich teste also die feste Spur aus, Anja fährt problemlos und dann ziehen wir den kleinen leichten Lada aus der Mumpe), wegen leichter Schäden fährt Anja extra gediegen und so kommen wir immerhin an (“200 rechts, dann 500 Ziel.” – “BOAH GOTTSEIDANK!!”).

Rova kuscheln unterm Zielbogen

Wohoo, Rova hat’s tatsächlich überlebt und mit uns gefinisht, das hätte ich zum Anfang der Woche ja nicht für möglich gehalten, inzwischen lieb ich den Blechkübel sehr (eh klar, dass man paar Tage braucht, eine Beziehung zu einem völlig fremden Auto aufzubauen). Hias und Martin haben auf uns gewartet und drücken uns Bier in die Hand, Anjas Tür geht nicht mehr zu, wir machen sie fest mit Spanngurt (“die Mädels!”), zurück ins Camp. Campabbau mit Kaltgetränk, Autos verladen, duschen, Abendessen, in der Schlange vor uns meine besoffenen Polenfreunde, ich erkenne sie am Suff wieder, den sie sich womöglich seit vorletzter Nacht so erhalten haben, sie wollen ne Band gründen und mich als Frontfrau akquirieren. Dann Siegerehrung, Iltis ist 3. Extreme Limited (der wir zugeordnet wurden, weil die Extreme Legend ja nur zwei Teilnehmer hatte), yay! Zwei schon um neun stockbesoffene Franzosen fordern Anja und mich zum Tanzen auf, da bring ich doch mal lieber meinen Klappstuhl zurück zum Camp, und weil Olli nochmal Lagerfeuer gemacht hat, bleib ich da und glotz mit Olli, Anke und Edi ins Feuer und lausche der gar nicht schlechten Band der Abschlussparty (alles Leute vom hiesigen Militär, smoke on the water macht die Sängerin besser als Original) und Edi gibt Whiskey aus, ein sehr gutes Ende.